Museum Barberini: Mit offenem Blick. Der Impressionist Pissarro

von Heidi Müller

„Ein echt cooler Typ“

„Er war ein echt cooler Typ, den hätte ich gerne kennengelernt.“ Nicht nur Christoph Heinrich, Direktor des Denver Art Museums, ist begeistert von dem Wirken und Wesen des Camille Pissarro. Als Kooperationspartner gehört sein Museum zu den über 50 internationalen Sammlungen, die die neueste Ausstellung im Museum Barberini möglich gemacht haben, darunter das J. Paul-Getty-Museum, Los Angeles, die National Gallery Washington, das Metropolitan Museum of Art, New York, das Van-Gogh-Museum, Amsterdam, das Musée d’Orsay, Paris und die National Gallery, London.

Über 100 Werke sind Gänsehaut auslösende Zeugen des beeindruckenden Lebenswerks dieses coolen Typen: Camille Pissarro, zentrale Figur des Impressionismus. Dabei war er gar kein Franzose, wovon die meisten von uns wohl ausgegangen sind. Kurze Auffrischung gefällig? Geboren 1830 auf den damaligen Dänischen Antillen, als Sohn einer wohlhabenden jüdischen Kaufmannsfamilie mit französisch-portugiesischen Wurzeln. Nach Ende seiner schulischen Ausbildung in Frankreich reist Pissarro mit dem dänischen Maler Fritz Melbye zwei Jahre lang durch Venezuela. 1855 siedelt er nach Frankreich über. Auf der Suche nach einer neuen, zeitgemäßen Ästhetik schreibt er sich an der privaten Académie Suisse in Paris ein, wo er Gleichgesinnte trifft, darunter Claude Monet und Paul Cézanne. 1870 flieht die Familie Pissarro vor dem Deutsch-Französischen Krieg aus Paris nach London. Bei ihrer Rückkehr nach Frankreich schließt sich Pissarro mit Malerkollegen wie Monet, Renoir und Sisley zusammen und initiiert mit ihnen 1874 die erste Impressionisten-Ausstellung. Bis 1884 folgen sieben weitere Schauen.

Mit Camille Pissarro wurde ein Außenstehender zur zentralen Figur der Impressionisten. Er, dessen erste Studien unter freiem Himmel in der Karibik und in Venezuela stattfanden, bringt eine von akademischen Normen unabhängige Perspektive in den Kreis der Pariser Künstler, für den er die Rolle eines entscheidenden „Netzwerkers“ einnimmt, so Ortrud Westheider, Direktorin des Museums Barberini.

Da er schon mit 40 Jahren einen weißen XXL-Rauschebart trägt, nennen ihn die Künstler des Kreises daher auch liebevoll Père Pissarro. Ortrud Westheider: „Camille Pissarro war für viele der impressionistischen Künstler wie eine Vaterfigur, sein eigenes Schaffen wurde aber erst in der jüngeren Vergangenheit ausgiebiger betrachtet und gewürdigt. Mit den sieben Werken Pissarros in der Sammlung Hasso Plattner als Ausgangspunkt und ermöglicht durch die großartige Zusammenarbeit mit dem Denver Art Museum zeigen wir, wie Pissarros Impressionismus zwar eng mit der Gruppe verbunden, aber gleichzeitig einzigartig ist.“

„Vor allem Pissarros Landschaftsauffassung ist ein Alleinstellungsmerkmal unter den Impressionisten“, erklärt Nerina Santorius, Kuratorin der Ausstellung und Sammlungsleiterin am Museum Barberini. „Während Kollegen wie Monet oder Renoir Stadt und Land meist als Freizeitraum des Bürgertums darstellen, richtet Pissarro den Blick darauf, wie die einfache Bevölkerung unterschiedliche Alltagslandschaften gestaltet und prägt. Er zeigt, wie seine Frau Julie den Garten kultiviert, eine erfahrene Bäuerin auch mit nassem Holz ein Feuer anzündet oder auf einem Pariser Boulevard Kutschen im Feierabendstau stecken. Den kleinen Dingen des Alltags Schönheit abzugewinnen, war für Pissarro ein zentrales Anliegen seiner künstlerischen Arbeit.“


https://www.museum-barberini.de/de/ausstellungen/16988/mit-offenem-blick-der-impressionist-pissarro


Mit offenem Blick. Der Impressionist Pissarro

Museum Barberini
Alter Markt/Humboldtstraße 5-6
14467 Potsdam

Laufzeit: bis 28. September 2025
Mi–Mo 10–19 Uhr

Besucherservice
T +49 331 236014-499


Foto: © David von Becker

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